Mir fällt es leicht früh aufzustehen – ich liebe die Morgenstunden – wenn die Welt wie neu erfunden aussieht, die Geräusche des Tages erst ganz langsam, eines nach dem anderen hörbar werden, als würde ein Orchester erst leise die Instrumente stimmen. Wenn ich noch mit mir allein sein kann – ohne Telefon, Emails und keinen, der etwas von mir will. In dieser Zeit kann ich mich am besten konzentrieren, habe die kreativsten Ideen und die meiste Energie.
Das hört sich für Sie ganz schrecklich an? F r ü h aufstehen?? Das kommt nicht in Frage. Meine Kissen haben mich als Rudelmitglied akzeptiert – die kann ich unmöglich im Stich lassen. Da bin ich doch noch total zermatscht. Vor 10 Uhr erkenne ich mich selbst nicht im Spiegel – ok, ich wasch mich trotzdem. Und bitte – nicht! ansprechen!
Früh raus oder gemütlich ausschlafen, die Nacht zum Tag machen oder mit den Hühnern schlafen gehen, schlafen wie ein Stein oder die ganz Nacht kein Auge zu bekommen. Wie ist es bei Ihnen?
In der Blogparade „Schlafgeflüster“ von Dr. Annette Pitzer finden Sie ganz viel informative, hilfreiche und auch sehr persönliche Artikel zum Thema „Schlafen“.
https://blog.annette-pitzer.de/schlafgefluester/
Was hat nun schlafen mit Mediation zu tun? Das Thema „Schlaf“ kann auf vielfältige Weise zu Konflikten führen, oder Konflikte begünstigen. Und auch ein Konflikt kann einem natürlich den Schlaf rauben!
Angenommen, Sie und Ihr Partner haben völlig unterschiedliche Schlafgewohnheiten…am Anfang der Beziehung gehen Sie natürlich so oft es geht gemeinsam ins Bett, ganz gleich wie früh oder spät es ist. Und auf Dauer? Kann man dem Partner zuliebe seinen Biorhythmus ändern? Oder bleibt ein Frühaufsteher ein Frühaufsteher und ein Morgenmuffel ein Morgenmuffel…. und am Abend – wie ist es da, wenn Sie voller Tatendrang sind, ausgehen möchten, Ihnen die besten Ideen immer um Mitternacht kommen und dann in die Tat umgesetzt werden wollen und der Frühaufsteher, diese Spaßbremse will heim…ins Bett…ja wo bleibt denn dann die Zweisam-Zeit?
Ohne gute Absprachen und eine Extraportion Toleranz steckt hier bereits viel Konfliktpotential. Zumal WEIL Sie sich, vermutlich vor allem zu Beginn Ihrer Beziehung, oft aus dem Bett gequält haben, weil er oder sie den Sonnenaufgang am Berg erleben wollte, obwohl Ihnen der Sonnenaufgang eigentlich sowas von….egal…oder weil Sie zu Anfang immer dabei waren bei Konzerten, Fußballspielen, Kneipennächten – auch wenn Sie das nur mit viel Espresso und gutem Willen durchgehalten haben. Und WEIL das auf Dauer kein Mensch aushält und er unweigerlich zum eigenen Schlafrhythmus zurückkehrt, ändert sich etwas in der Beziehung und das kann zu Enttäuschung und Frust führen.
Noch schlimmer wäre, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen kaum Schlaf finden. Die Folgen von Schlafmangel machen sich überall bemerkbar – Sie sind weniger leistungsfähig und weniger ausgeglichen, vielleicht reagieren Sie heftiger als angemessen oder haben nah am Wasser gebaut, fühlen sich erschöpft und unverstanden. Wenn Sie eine derartige Veränderung an sich selbst feststellen, wie gut haben Sie sich im Griff – wollen bzw. müssen Sie sich zusammenreißen? Wie offen gehen Sie mit dem Thema um, wem würden Sie sich anvertrauen und wem eher nicht? Wie reagiert das Umfeld – Arbeitskollegen, Freunde und Familie? Kracht es öfter? Da fallen schon mal Sätze wie „Hast wohl schlecht geschlafen?“ oder „Geschlafen wird zu Hause- jetzt mal los!“ Haben Kollegen das Gefühl, alles bliebe an ihnen hängen, empfindet man Sie als Pulverfass oder als langweilig und träge? Beklagen sich Freunde, daß Sie sich nicht melden, teilnahmslos sind oder ungewohnt in sich gekehrt? Geht die Familie schon in Deckung vor Ihrer Laune und zieht sich zurück? Wie kommunizieren Sie, wie es Ihnen geht bzw. trauen Sie sich das überhaupt? Können Sie sich selbst die Erlaubnis geben, dass Sie nicht funktionieren müssen? Weiß Ihr Umfeld darum, welche Sorgen Sie haben, wo Sie Rücksichtnahme, Verständnis oder tätige Hilfe brauchen? Wie sagt man das? Das fällt nicht jedem leicht. Schließlich werden solche Anliegen auch nicht immer so aufgenommen, wie Sie es erhoffen oder brauchen. „Stell Dich nicht so an und schlaf Dich halt mal aus..“ – na, vielen Dank für den Tip. (Auf „Schlafgeflüster“ finden Sie bessere!)
Oder gibt es einen ungelösten Konflikt der Sie nicht schlafen lässt? Da ist diese Sache, die Sie schon ewig wurmt und ärgert, diese Person, die sich rücksichtslos oder unverschämt benimmt. Diese Frage, die Sie nicht ansprechen können, weil sich vielleicht jemand auf den Schlips getreten fühlt – um niemanden zu kränken. Diese Situation, die dermaßen verworren erscheint, dass Sie gar nicht wissen, wo und wie anfangen. Möglicherweise spielen sich dann in ihrem Kopf „worst case“ Szenarien ab und vielleicht haben Sie heute Abend schon ein schlechtes Gefühl, weil Sie wissen, morgen begegnen Sie ihm wieder – dem Idioten/der dummen Nuss. Dann sind da noch die inneren Stimmen, die immer diskutieren wollen – das Streitgespräch entweder nachbereiten und Ihnen meist viel zu spät- hinterher ist man ja immer schlauer – eingeben, was Sie alles hätten sagen sollen und antworten können, wenn Sie halt schlagfertiger wären. Oder sie bereiten sich diesmal vor: wenn der oder die das sagt, dann sag ich das und wenn der/die wieder glaubt, ich lass mich… dann werd ich diesmal… hm, und nie nutzt dieses nächtliche Drehbuch was, weil der/die sich einfach frech nicht daran hält und dann doch etwas anderes sagt, oder Ihnen fällt es im fraglichen Moment wieder nicht ein…ach haltet doch die Klappe!
Wenn Sie nicht gut schlafen ist das schlimm genug, lassen Sie nicht zu, dass dieses Problem in Ihrem Umfeld weitere Probleme schafft. Deshalb, bevor ein ungelöster Konflikt Ihnen den Schlaf raubt, oder wenn durch Schlafmangel oder Schlafverhalten ein Konflikt zu entstehen bzw. zu eskalieren droht, ist eine Mediation hilfreich. Sozusagen ein „Schlafmittel“.
In diesem Sinne grüßt Sie Ihre ausgeschlafene Mediatorin
Katja Keil